Museum im Lockdown-Winterschlaf?
Weit gefehlt!

Noch hat unser Museum geschlossen und von außen betrachtet scheint alles ruhig zu sein und still zu stehen. Doch dieser Eindruck täuscht. Denn hinter der mächtigen Schlossfassade geht es geschäftig zu. Was aber passiert im Museum, wenn keine Besucher*innen da sind?

Vorbereitung von Sonderausstellungen
Eines der sichtbarsten Zeichen lebendiger Museumsarbeit sind Sonderausstellungen. Es gibt kaum ein Museum auf dieser Welt, das nicht regelmäßig Formate produziert, in denen auf spezielle Themen Bezug genommen wird. Als Besucher*in sieht man die fertige Ausstellung, man erfreut sich an besonderen Leihgaben, lässt sich von Multimediaangeboten überraschen und erhält neue Erkenntnisse. Doch bis es so weit ist, sind viel Zeit und Arbeit notwendig. Eine größere Sonderausstellung hat oft einen mehrjährigen Vorlauf. Zuerst gilt es, ein Konzept zu erstellen, Leihgaben zu finden, eine wirkungsvolle Gestaltung zu entwerfen, Texte zu schreiben – und natürlich die Finanzierung zu stemmen! In der Regel sind an einem solchen Projekt viele Menschen beteiligt und eine besondere Herausforderung ist es jedes Mal, die notwendigen finanziellen Mittel zusammenzubekommen. Ausstellungen kosten viel Geld und daher braucht jedes Museum Förderer. Bei uns kommt dabei dem Freundeskreis Fürstenberger Porzellan e. V. eine außerordentliche Bedeutung zu, denn er unterstützt mit großem Engagement die Museumsarbeit. Ohne unseren Förderverein wäre Vieles gar nicht möglich. Darüber hinaus sind es die öffentlichen Förderpartner von der EU, dem Bund, dem Land Niedersachsen oder verschiedene Stiftungen, die sich für das kulturelle Leben engagieren. In unserem speziellen Fall ist aber die Porzellanmanufaktur FÜRSTENBERG entscheidend, denn sie stellt als Hauptsponsorin des Museums den größten Anteil solcher Projektkosten. Das ist ganz wichtig, denn Fördermittel werden in der Regel nur dann gewährt, wenn das Museum einen gewissen Grundstock bereits vorweisen kann. Und wie man sich vorstellen kann, gibt es Fördergelder nicht einfach so! Dafür ist die Anfertigung umfangreicher Anträge erforderlich, denn man muss selbstverständlich detailliert erläutern und belegen, wofür man die Mittel verwenden will und warum es für den Förderer gut ist, sich zu engagieren.

In diesem Jahr wird es mit „Sense and Sensibility. Porzellan und die fünf Sinne“ eine ganz außergewöhnliche Ausstellung bei uns geben. Vom 8. Mai bis zum 24. Oktober 2021 gehen wir der Frage nach, warum Porzellan eigentlich seit Jahrhunderten die Menschen fasziniert. Diese Frage ist nicht neu, aber meistens wird darauf mit künstlerischen oder kulturhistorischen Aspekten geantwortet. Wir machen es ganz anders, indem wir die Antwort im Material selbst suchen, das unsere Sinne auf so eigentümliche Art reizt wie kein anderer Stoff. Das Konzept hat unser Museumsleiter Dr. Christian Lechelt zusammen mit dem Designer Wolfgang Hartauer entwickelt und in den nächsten Monaten gehen die beiden tatkräftig an die Umsetzung.

Pflege der Dauerausstellung
Das Herzstück des Museums ist die Dauerausstellung. Mit großem Aufwand haben wir sie in FÜRSTENBERG vor nun bald vier Jahren eingerichtet. Das bedeutet aber nicht, dass mit der Einrichtung die Arbeit daran beendet wäre. Eine Dauerausstellung braucht kontinuierliche Pflege. Dazu gehört die Wartung von Multimediastationen, die ständige Kontrolle unserer Hands-on-Stationen, die Überprüfung des Zustands der Exponate. In der Regel einmal im Jahr steht außerdem das Großreinemachen an, wenn alle Vitrinen gesäubert werden. Auch Maßnahmen der Restaurierung und Konservierung sind immer wieder nötig, damit die Museumssammlung in guter Verfassung bleibt.

Inventarisierung
Das Rückgrat der Sammlungspflege ist die Inventarisierung der Objekte. In der Regel umfasst eine Museumssammlung viele Tausend Exponate, die gepflegt und verwaltet werden wollen. Jedes Objekt muss zweifelsfrei identifizierbar und nachweisbar sein. Deshalb erhält jedes Stück einen speziellen Nummerncode, es wird fotografiert und vermessen. Alle Daten werden dann in unsere Sammlungsdatenbank eingepflegt und durch eine Beschreibung, Angaben zur Provenienz, möglicherweise eine Zuschreibung an eine*n Künstler*in oder Designer*in und die Datierung ergänzt. Das macht man für jedes einzelne Objekt, ganz gleich, ob es sich um eine kostbare Figur oder eine einfache Untertasse handelt. Der Arbeitsaufwand ist also gewaltig – doch als Besucher*in sieht man von dieser Arbeit so gut wie nichts. Aber ohne eine kontinuierliche Bestandserfassung ist eine professionelle Museumsarbeit unmöglich. Das Museumsteam nutzt traditionell die Wintermonate für diese Arbeiten. So sind derzeit Christopher Kahle und Dagmar Laske, die in der Hauptsaison hauptsächlich in der Besucherwerkstatt tätig sind, intensiv mit der weiteren Aufarbeitung der Sammlung beschäftigt.

Veranstaltungsprogramm und Onlineangebote
Da ein Museum heutzutage nicht nur dazu da ist, um Kunstwerke auszustellen und zu pflegen, sondern als Kulturort auch eine soziale Funktion hat, gehört ein abwechslungsreiches Veranstaltungsprogramm ebenfalls zur Museumsarbeit. Ob Konzerte, Führungen, Lesungen, Vorträge, Theateraufführungen, Museumsnächte, Expertisenstunden – das Potpourri an Angeboten ist reichhaltig und bunt. Für dieses Jahr hat sich das Museumsteam auch wieder eine Menge vorgenommen – natürlich steht und fällt es mit der Pandemieentwicklung. Aber selbst wenn manches nicht vor Ort, also analog, stattfinden kann, so hat das Team die letzten Monate eifrig genutzt, die digitalen Skills weiterzuentwickeln, um Online-Angebote auf die Beine zu stellen. Außerdem füttern wir ganz regelmäßig unsere Auftritte in den Sozialen Medien, denn wenn die Besucher*innen nicht ins Museum kommen können, dann kommt eben das Museum zum Publikum nach Hause.

Doch ob es sich nun um analoge oder digitale Formate handelt – nichts fällt vom Himmel, sondern ist das Ergebnis eifrigster Museumsarbeit. Es fängt damit an, sich ein Gesamtprogramm für das ganze Jahr zu überlegen und nach geeigneten Terminen zu suchen. So gibt es in jedem Jahr wiederkehrende Anlässe wie den Internationalen Museumstag, bei denen die meisten Museen mitmachen. Da wollen wir im MUSEUM SCHLOSS FÜRSTENBERG nicht hinten an stehen.

Museumspädagogik
Unverzichtbar ist die museumspädagogische Arbeit in einem Museum. Ohne Ideen und Konzepte, wie Inhalte dem Publikum vermittelt werden, nützt die schönste Ausstellung, bringt das kostbarste Exponat nichts. Unsere Museumspädagogin Isabel Pagalies entwickelt viele tolle Ideen und sorgt für ihre Umsetzung. Hier hat die Corona-Pandemie einen besonderen Arbeitsbedarf geschaffen, denn alle Angebote müssen nicht nur den behördlichen Vorgaben genügen, sondern den Besucher*innen genauso wie den Mitarbeiter*innen den größtmöglichen Schutz bieten. Gleichzeitig soll sich niemand drangsaliert fühlen. Eine echte Herausforderung!

Für die Osterferien ist dieses Jahr ein spezielles Angebot für Familien vorgesehen: Die Kleingruppe aus in einem Haushalt lebenden Erwachsenen und Kindern macht sich zusammen mit der Museumspädagogin auf eine spannende Reise durch das Museum. Rund zwei Stunden heißt es da Abtauchen in die Wunderwelt des Porzellans. Auf spielerische Weise wird die über 270 Jahre alte Geschichte des FÜRSTENBERG Porzellans entdeckt, in der Besucherwerkstatt erlebt und selbst ausprobiert, wie Porzellan eigentlich gemacht wird. Und als Höhepunkt greift jede*r zu Pinsel und Farbe und bemalt ein Stück des „weißen Goldes“ nach Lust und Laune.

Die Corona-Krise hat der Museumspädagogik einen ganz neuen Antrieb gegeben, analoge Formate in den digitalen Raum zu übersetzen (oder aber ganz neue Ideen zu entwickeln). Seit Jahren sind wir Teil der KulturScouts OWL und bieten jedes Jahr vielen Schulklassen ein tolles Museumserlebnis. Die KulturScouts gaben im Herbst den Impuls, digitale Workshops anzubieten und das Museumsteam war sofort begeistert dabei. Seitdem wird konzipiert, gefilmt, geschnitten, vertont was das Zeug hält, damit Schüler*innen in Kürze von den Bildschirmen ihres Klassenzimmers aus das Museum virtuell besuchen können. Die guten Erfahrungen mit den bisherigen Ergebnissen spornen das Museumsteam an, auch für andere Zwecke und Interessierte Onlineformate auf die Beine zu stellen. Man darf auf Überraschungen gespannt sein!

Bei aller digitalen Kreativität bleibt das unmittelbare, sozusagen hautnahe Museumserlebnis immer noch die schönste Möglichkeit, sich mit den unterschiedlichsten und manchmal auch ganz fern erscheinenden Themen zu beschäftigen. Denn wer denkt im Alltag schon darüber nach, wie die Tasse für den Kaffee am Morgen gemacht wird? Doch manchmal lässt sich ein Museumsausflug nicht in den Stundenplan in der Schule integrieren oder aber die körperlichen Möglichkeiten sind eingeschränkt, so dass ein Besuch nicht möglich ist. Deshalb plant unsere Museumspädagogin weiter an dem neuen Angebot „Museum on Tour“, das nicht nur für Schulklassen gedacht ist, sondern sich gerade auch an Menschen mit Einschränkungen in Alten- und Pflegeheimen richtet.

Besonders wichtig ist aber unter den aktuellen Umständen, dass der Kontakt zu Kooperationspartnern nicht abreißt. So stehen wir mit unserer Partnerschule, der Grundschule am Sollingtor in Boffzen, in Kontakt und wünschen uns sehr, dass die Kinder bald wieder zu den beliebten Workshops ins Museum kommen können. Gleichzeitig strecken wir unsere Fühler aus und knüpfen neue Bande, wie es kürzlich mit den Volkshochschulen in Holzminden und Höxter gelungen ist. Für diese wurden spezielle Angebote entwickelt, die ab dem Frühjahr stattfinden sollen. Es bleibt zu hoffen, dass das gemeine Virus keinen Strich durch die Rechnung macht! (Wenn es aber so sein sollte, dann werden die Veranstaltungen später im Jahr nachgeholt.)

Verwaltung
Die Vielschichtigkeit des Museumsbetriebs braucht eine profunde und erfahrene Verwaltung, sonst bricht schnell das Chaos aus. Die Erstellung von Dienstplänen, Abrechnungen, Überprüfung von Abläufen, Verteilung von Aufgaben, alle möglichen Personalangelegenheiten, Förderanträge, Steuerung von Dienstleistungen und und und… Bei unserer Teamleiterin Cora Althusmann laufen alle Fäden zusammen. Wer eine Führung bucht, im Schloss heiraten möchte oder wenn ein Musiker auftreten will und unser Flügel gestimmt werden muss – sie kümmert sich um alles. Die Pandemie hat uns zusätzliche, ganz neue Aufgaben beschert, denn die Besucher*innen sollen sich bei uns im Museum nicht nur sicher fühlen, sondern wir wollen die bestmögliche Sicherheit tatsächlich bieten. Deshalb desinfizieren wir jeden Tag mehrmals alle Oberflächen, die gerne berührt werden, schauen wir bei Rundgängen, ob es mit dem Einhalten der Abstandsregel klappt und ob Masken getragen werden, außerdem haben wir Desinfektionsmittelstationen aufgebaut. Maßnahmen zu ergreifen ist immer das eine, sie zur Routine werden zu lassen und darauf zu achten, dass sie dauerhaft umgesetzt werden, ist das andere. Auch dafür sorgt unsere Teamleiterin zusammen mit dem Museumsteam.

Das Museum Schloss Fürstenberg ist im Kern ungefähr 800 Jahre alt, über die Jahrhundert wurde es immer wieder erweitert und umgebaut. Wie ein lebender Organismus führt so ein altes Gemäuer ein Eigenleben und möchte gut gehegt und gepflegt werden. So haben wir alle vom Museumsteam ein Auge auf dem Schloss, aber der eigentliche Pfleger ist Albert Steinbach mit seiner Truppe von der Porzellanmanufaktur Fürstenberg. Sie kümmern sich darum, dass alles funktioniert, von der automatischen Eingangstür über die Heizungsanlage, Klimatechnik, Stromversorgung, Aufzüge, Brandmelder bis zur Alarmanlage. So konnten wir erst kürzlich unsere Eingangstür durch eine moderne Schiebetür ersetzen, damit dort niemand mehr einen Türgriff anfassen muss. Ermöglicht wurde dies übrigens durch das NEUSTART KULTUR-Förderprogramm der Bundesregierung und unseren Förderverein, den Freundeskreis Fürstenberger Porzellan e. V.

Rezertifizierung für das Museumsgütesiegel 2021
Seit 2006 zertifiziert der Museumsverband Niedersachsen und Bremen zusammen mit dem Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur und der Niedersächsischen Sparkassenstiftung Museen in den beiden Ländern. Unser Museum gehörte mit zu den ersten Museen in Niedersachsen die das Gütesiegel erhielten und dem auf diese Weise eine vorbildliche, professionelle Museumsarbeit attestiert wurde. Das Museumsgütesiegel wird für einen Zeitraum von sieben Jahren verliehen und muss nach Ablauf dieser Zeit neu beantragt werden. Das Siegel krönt einen intensiven Prozess der Prüfung, vor allem aber der Reflexion der eigenen Arbeit. Wo stehen wir als Museum? Was haben wir erreicht? Was kann oder muss verbessert werden? In welchen Bereichen sehen wir selbst Handlungsbedarf? Und was sehen die Fachkolleg*innen der Prüfkommission? Es ist so wichtig, einmal inne zu halten und über das eigene Tun und Handeln nachzudenken. Im normalen Alltag bleibt oft wenig Zeit dafür, deshalb ist es um so wichtiger, dass über den Rahmen des Bewerbungsverfahrens der Selbstreflexion eine Struktur gegeben wird.

Fazit
Museumsarbeit ist echte Teamarbeit!